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23.08.2023 | Limousinen | Fahrbericht + Test | Nachrichten

BMW i7. Oder: Wie luxuriöse Elektromobilität funktioniert

verfasst von: Marc Ziegler, Sven Eisenkrämer

4:30 Min. Lesedauer

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Ein 7er BMW verspricht seit jeher, Standards in der Oberklasse zu setzen. Schafft das auch die erste rein elektrische Variante der Limousine? springerprofessional.de und ATZ/MTZ haben den BMW i7 xDrive 60 getestet. 

Gesamtfahrzeug 

Ein 7er war schon immer groß, der i7 ist riesig. Fast 5,4 m lang, 1,95 m breit und 2,7 t schwer. Der Radstand von 3.215 mm ist noch einen Hauch größer als der des EQS von Mercedes-Benz und schafft uneingeschränkten Platz in der zweiten Sitzreihe. Am Design des Luxusliners scheiden sich die Geister. Besonders die übergroßen Nieren und die geteilten LED-Scheinwerfer fallen auf, allgemein wirkt die Front stark zerklüftet mit der umschlossenen, eingebetteten Haube. Dagegen wirke Seitenlinie und Heck geradezu ruhig gezeichnet. Das Interieur besticht mit kulissenhaftem Design, mit Ausnahme des iDrive-Dreh-Drück-Stellers und des Wählhebelchens sucht man haptische Tasten vergeblich, dafür dient quasi jede durchscheinende Oberfläche als Bedienelement. Das Meiste wird allerdings über das Zentraldisplay bedient.  

Der i7 erstaunt vor allem auf der kurvigen Landstraße mit Leichtigkeit – trotz des enormen Gewichts. Großen Anteil hat hieran die lenkende Hinterachse, die dem mit Personen und etwas Gepäck fast 3 t schweren Gefährt eine unerwartete Agilität verleiht und zudem den Wendekreis um fast 1 m verringert. Das adaptive Fahrwerk tut sein Übriges und schluckt selbst auf sonst rücken- und chassisbeanspruchenden Chaos-Strecken viel weg. Selbst im Sport-Modus mit eng gepumpten Sitzwangen ist herausragender Komfort gegeben. Die sensationelle Akustik lässt Störendes draußen. 

Motor + Antrieb

Je eine stromerregte Synchronmaschine (Electrical Exited Synchronous Machine, EESM) treiben den i7 an. Dabei entfallen 190 kW und 365 Nm auf den Motor der Vorderachse, 230 kW und 380 Nm liefert der Heckmotor. Die systemische Maximalleistung beider gemeinsam wird mit 400 kW angegeben, das maximale Drehmoment mit 745 Nm. Als 30-min-Dauerleistung finden sich 135 kW im Fahrzeugschein. Bei Abruf der vollen Leistung erreicht der Luxusliner die 100 km/h nach 4,7 s, die Höchstgeschwindigkeit ist auf 240 km/h limitiert. Faszinierend ist weniger die Leistungsentfaltung, als vielmehr die Dosierbarkeit der elektrischen Urgewalt. Doch der Fahrspaß, von dem man im i7 immer das Maximum haben möchte, kostet Energie. Während der i7 im WLTP mit 19,6 kWh/100 km angegeben wird, schafften wir es im Test trotz aller Eco-Bemühungen nicht, unter die 20,9 kWh/100 km zu kommen.

Elektronik + Connectivity

Im Unterboden des i7 verbirgt sich die Batterie mit einem Netto-Energiegehalt von 101,7 kWh, die sich mit maximal 195 kW an HPC-Stationen laden lässt. Tatsächlich erreichte der i7 in unserem Test unter nahezu idealen Bedingungen auch seine maximale Ladeleistung bis etwa 40 % SoC. Damit dauerte eine Ladung von 10 auf 80 % etwa über 30 min. Die Ladeleistung fällt bis zum Ladeziel von 80 % noch auf bis etwa 80 kW ab. Etwa 480 bis 500 km Reichweite sind realistisch erreichbar.

Kurz vor unserem Test hatte sich ein Kollege noch über die Assistenzsysteme in einem 5er-Mietwagen aufgeregt, er war auf einer Langstrecke endgültig genervt. Ob das im i7 auch so schlimm sei, fragte er. Im Gegenteil! Seit Längerem ist der i7 das erste Fahrzeug in unseren Tests, bei dem uns keins der Assistenzsysteme ob einer misslungenen Adaption zum Kopfschütteln gebracht hat. Hier zahlt sich die Oberklasse aus. Von L3-automatisiertem Fahren bis 60 km/h über das automatische Einparken oder den exakten Rückfahrassistenten bis zu den adaptiven Anpassungen im fließenden Verkehr – alle Systeme, die wir im Alltagstest ausprobieren konnten, machten ihren Job so, wie man es erwarten würde. Die Vernetzung ist ebenfalls BMW- und oberklassetypisch, so sind viele Optionen und Software systemintegriert. Lediglich die vielen Fahrzeugfunktionen sind im komplexen Menü nicht immer direkt zu finden, oder man muss sich die verschiedenen Positionen im Screen oder alle Menü-Taster eben gut merken. 

Fazit + Kritik

Der i7 ist nichts für Puristen, sondern vielmehr für den verspielten Tech-Nerd mit dem nötigen Kleingeld. Eigentlich sogar für den gemacht, der sich fahren lässt. Die schiere Größe und das Gewicht erlauben Fragen nach der Sinnhaftigkeit, ein solches Modell zum BEV zu machen. Es handelt sich um eine klassische Top-Down-Entwicklung: BMW zeigt mit diesem High-Tech-Gefährt, was alles in der Serie möglich ist. Dieses Elektroauto funktioniert dann so gut, dass es abgesehen von der ideologischen oder emotionalen Komponente, kaum noch Argumente nur für einen Verbrenner-7er geben kann.

Pro: 

  • Gewichtsempfinden: Klar, ein 7er ist kein ultraleichter Sportwagen und eher behäbig. Doch 2,7 t Leergewicht merkt man dem i7 nicht an. Dank tiefem Schwerpunkt, adaptivem Fahrwerk samt Hinterachslenkung und Spritzigkeit des E-Antriebs.
  • Assistenzsysteme: Eine hervorragende Abstimmung und Programmierung lassen die Systeme zu den besten gehören, die wir bislang testen konnten.
  • BMW verzichtet auf die PSM und damit auf die seltenen Erden im Magneten für die E-Maschine. Das ist sogar effizienter. 

Contra: 

  • Batteriegröße und Verbrauch: Mehr als 100 kWh Kapazität ermöglichen zwar hohe Reichweiten. Aber mehr als 20 kWh pro 100 km Realverbrauch sind trotzdem zu viel. 
  • Komplexität: Selbst Profis haben Mühe, sämtliche Funktionen des Fahrzeugs zu überblicken und in den Menüs zu finden. Weniger ist manchmal mehr.
  • Automatisch öffnende und schließende Türen: Die Reaktionszeit bei Tastendruck ist zu lang und das Stoppen des Schließens bei einem Hindernis ist nicht zuverlässig. Ein Oberkörper hält das aus, bei einem Unterschenkel zwischen Rahmen und Tür tut’s weh. Mit Fingern haben wir es dann besser nicht ausprobiert.

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